ICH HAN NÜMME LANG

Die letzten Jahre sind wir häufig in Verwaltungen anzutreffen und wie vielerorts ist auch dort die Boomer Welle ein grosses Thema. Überdurchschnittlich viele, langjährige, treue, vielwissende Mitarbeitende geben demnächst ab. Die Organisationen wissen es, und dennoch verhindern alte Muster einen cleveren Umgang damit.

Fragen die wir uns stellen; wie verhindern wir den Wissensverlust, wie gewinnen wir neue Mitarbeitende, wie fördern wir bestehende Mitarbeitende, wie beschleunigen wir Anstellungsprozesse und insbesondere wie entgegnen wir das “ich han nümme lang” Phänomen, in dem das wir zum ich wird, die Interessen sich vom Geschäft entfernen und sich dem Privaten zuwenden.

Es kommt hinzu, dass vielfach nahestehende Lösungen, die vielleicht etwas vom Standard, also von was man kennt abweichen, einfach missachtet werden. Als ob Erschöpfung uns blind macht, als ob wir aufgegeben haben, als ob das Feuer erloschen ist. Was hat uns so weit gebracht, dass wir nur noch hinnehmen und abwarten? Wollen wir so abtreten? So, dass alle froh sind, dass wir gehen?

Was, wenn wir einen letzten Challenge daraus machen, Lernenden alles was wir wissen weiterzugeben? Was, wenn wir uns die Mühe machen als Mentorinnen und Mentoren die nächste Generation fit zu machen, so wie es früher im Handwerk üblich war? Was wenn wir uns in den letzten Jahren neu erfinden, alles was wir tun mit jemand anderem neu denken und umstellen? Da gäbe es sooo viele Ideen und Möglichkeiten, doch was macht uns dull je näher die Pension rückt? Ist es nicht Ehrensache loszulassen und anderen den Teppich auszurollen? Müssen wir überhaupt so lange warten, das zu tun? Haben wir so wenig Vertrauen in unsere Kolleginnen und Kollegen, dass wir uns so festkrallen und damit Entwicklung im Keim ersticken?

Es mag jetzt esoterisch klingen und dennoch ist das “ich han nümme lang” Phänomen irgendwie omnipräsent. Da gibt es Datenschützende, die so krass alles abwürgen, dass alle nur noch ausharren. Da gibt es Amtsleitende, die alle behindern, weil sie nicht offen genug sind, andere Meinungen zuzulassen. Doch viel schlimmer, es wird einfach akzeptiert. Das System ist nun mal so. Wir schreiben tausend Dokumente, weil es so gewollt ist, ob sie sinnvoll sind oder nicht. Nüchtern gesehen, haben in der Regel schon viel früher aufgegeben, ohne es zu merken. Es ist nicht eine Sache des Alters. Es wird einfach offensichtlicher, je näher der letzte Tag rückt.

Ich frage mich, wie wir an einer Haltung arbeiten können, in der wir uns immer wieder von neuem hinterfragen. Ich frage mich ob es Mut ist, nein zu sagen, weil etwas keinen Sinn macht, oder ob wir wirklich so abgestumpft sind, alles zu akzeptieren wie es ist, wenn es anders auch möglich wäre.

Was wir unsererseits, in unseren Projekten tun können, ist simpel und pragmatisch. Optimistisch und dennoch beharrlich bei der Sache zu bleiben, vorleben und insbesondere Rahmen schaffen, um ein Umdenken zu ermöglichen. Vorleben, heisst auch einmal eine Regel zu brechen, um zu sehen, dass es nicht weh tut, sofern man es ganz bewusst und sogar besser macht. Wir befolgen viele Regeln, die null Sinn machen, einfach weil man es schon immer so getan hat. Eine schöne Frage die ich dann gerne stelle ist; “definiere man” und schon gehen wir der Sinnfrage nach…

Alles nur wilde Gedanken, doch fragen wir uns doch selber, wo wir auf der Rebel-Skala zwischen 1 - 10 stehen. Und was heisst das in Bezug auf Arbeitsfreude, Lebensqualität, Teamgeist und Unternehmertum? Bin ich schon in der “ich han nümme lang” Falle?

Make things happen or let things happen… auf welcher Seite stehst du?

Viel Spass im Umbruch
Ruggero

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