LERNE OHNI DASES MERKSCH
Dieser Monat war wieder mal genial! Wir haben uns mit einer relativ grossen Gruppe aus Nutzervertretenden der Stadt Lugano, relativ intensiv, mit der Bespielung ihres neuen Standortes aus einer Zukunftsperspektive auseinandergesetzt. Gleichzeitig hat die Landesverwaltung Liechtenstein ihr Dienstleistungszentrum Giessen bezogen. Mit ihnen haben wir auch einen ähnlichen Prozess durchlaufen. Diese zwei Projekte zeigen, wie sich unsere Arbeit auswirkt und warum es sich lohnt auch mal etwas rebellisch zu sein, den Mitarbeitenden zuliebe. Im DLG in Vaduz haben wir einiges erreicht, da sind viele Elemente, wie bei der Stadt Lugano, von den Nutzervertretenden eingebacht worden und mussten bis zuletzt immer wieder verteidigt werden, damit sie nicht plötzlich aus den Plänen verschwinden.
Am Schluss kommt, wenn es gut kommt, eine Lösung zustande, die von direkt Betroffenen gedacht wurde! Und das sind nicht Architekten, Consultants, Projektleitende oder Baufachleute. Es sind einfach nur Mitarbeitende, die, die nachher im geplanten Gebäude arbeiten werden. Die, die wissen wir der Karren läuft. Zumindest jetzt! Und das ist die Krux! Denn solche Bauvorhaben dauern doch mal schnell sieben bis zehn Jahre! Und wenn man dann bedenkt, dass noch Reserve für 25 Jahre drin liegen sollten, so müssen wir uns mal 30 Jahre in die Zukunft versetzen! Wie wars schon wieder vor 30 Jahren bei uns, so ohne Smartphones, mit Windows 3.11 und Modems, die noch pfiffen mit Bandbreiten von 9600 Bit/s? Dann wo so ganz langsam E-Mail begann Fuss zu fassen? Wo Google noch gar nicht da war?
Genau das ist die Kunst, nicht das Ist und Jetzt in die Zukunft zu projizieren, sondern sich die Arbeit von morgen zu denken und eine Umgebung zu schaffen, die sich leicht auf die sich ändernden Bedürfnisse anpassen kann. Und das Schöne an unserem Tun ist genau das! Mit Menschen im Hier und Jetzt die Zukunft zu denken, auch wenn wir uns das noch gar nicht so vorstellen können. Doch es braucht eben einen Prozess. Ein Prozess der nur funktioniert, wenn man ihn auch durchspielt und das Ich zum Wir werden darf. Denn unsere Zukunft ist nicht mehr vom Ich geprägt, sondern vom Wir und wahrscheinlich noch ganz stark vom Es. Ja und weil wir keine Hellseher sind, ist die Aufgabe doch recht simpel. Wie schaffen wir angenehme Arbeitsumgebungen, die sich an stetig ändernde Bedürfnisse anpassen können und uns unabhängig vom Ort, an dem sich unsere Mitarbeitenden gerade befinden, die Zusammenarbeit bestmöglich fördern?
Doch müssen wir unbedingt bedenken, wir haben noch gaaanz viel Papier und unsere Prozesse bleiben von Gesetzes wegen so und die Aufbewahrungspflicht und die Vertraulichkeit und ja das braucht viiiiel Platz, grosse Tische und viel Stauraum unmittelbar beim Arbeitsplatz, und wir haben die Tools noch gar nicht für eine digitale Abwicklung und darum können wir kein Homeoffice machen und es muss total ruhig sein, denn wir müssen den ganzen Tag nur denken… gspüreder mich? Alles Vorannahmen, die es zuerst mal, zugunsten Blick in die Zukunft, aufgelöst werden müssen, bis wir uns die richtigen Fragen stellen können. Wenn wir nämlich annehmen es wäre doch möglich, und die Tools wären schon da, und wir hätten nun das Budget und es würde uns zugehört, wie wäre es dann? Und wie würde sich unser Arbeitsverhalten ändern dabei? Und wenn noch künstliche Intelligenz ins Spiel kommt, welche repetitive Arbeit könnte uns abgenommen werden, damit wir uns den kuulen Aufgaben widmen können? Wie verändern sich unsere Rollen? Wie sieht dann unser Büro aus? Und wie machen wir das, damit sich unser Büro mit dem Fortschritt wandeln kann?
In solchen Gruppen von Nutzervertretenden, wir nennen sie häufig Pioniere oder Explorer, am liebsten Leute, die von sich aus wollen. Ja in solchen Gruppen spürt man den Prozess förmlich, vom ersten zum zweiten und dann zum dritten Workshop, ändert sich die Flughöhe und damit auch die Haltung. Nicht immer die Skepsis, doch zumindest die Offenheit, sich mit Fragen auseinanderzusetzen, in denen wir selbst, wenn wir es wirklich wollen, steuern können und handlungsfähig sind, uns in den nächsten fünf Jahren zu entwickeln. Ja dann explodierts plötzlich. Die Kunst ist genau dieses kollektive Denken anzuregen und damit eine rekursive und beschleunigte Entwicklung anzustossen.
Das lustige daran ist, dass diese Gruppen lernen ohne es zu merken, einfach nur durchs machen. Sie stellen es dann fest, wenn sie sich mit ihren Gspähnlis austauschen und diese sie nicht verstehen wollen, also so wie es ihnen ganz am Anfang des Prozesses auch ging. Das nennen wir eben kollektive Entwicklung, wenn man Teil der Lösung wird, einfach so, ohne, dass man es eigentlich gesucht hat. Noch schöner ist es, wenn man es zusammen macht, Leute die zwar unter demselben Arbeitgeber arbeiten, sich aber vorher gar nicht gekannt haben. Es entsteht ein Netzwerk, das miteinander lernen kann. Plötzlich kommt eine menschliche Komponente hinzu, die für alle bereichernd ist und uns eben miteinander vorwärts bringt. Es entsteht eine Zusammengehörigkeit, die es sonst nicht gegeben hätte. Es ist alles eine Frage des Durchhaltewillens und der Bereitschaft dies zuzulassen, denn solche Gruppen stören natürlich, die Projektleitenden mögen sie nicht so wirklich, da sie disruptiv sein können und weil sie eine Stimme haben.
Doch letztendlich ist der Gewinn für die Organisation, für die Mitarbeitenden, für die Kunden und Partner, das Wichtigste. Oder wie gsehsch du das?
Es Grüassli vu Lvgano ✌🏻
Ruggero